Wie du deine Kinder selbstbewusst und zu mehr Selbstvertrauen erziehen kannst

Uwe Trevisan

von Uwe Trevisan

Der Einfluss der Erziehung auf das Selbstbewusstsein

Den grundlegenden Charakter eines Kindes kann man nur wenig beeinflussen. Es gibt Träumer, Grübler, Entdecker, kleine Raufbolde, Quatschköpfe, Künstler, Wissenschaftler,  Labertaschen, Sportler, Denker, Tüftler... Ein aufgewecktes Kind wird man kaum dazu bringen, ruhiger zu werden - ebenso wenig, wie man ein träumerisches Kind dauerhaft vom Trödeln abhalten kann. Das Wesen unserer Kinder ist nur wenig beeinflussbar. Worauf wir jedoch nachhaltig Einfluss nehmen können, ist die Entwicklung eines gesundes Selbstbewusstseins und ein gutes Selbstwertgefühls. 


Das Selbstwertgefühl wird in den ersten Lebensjahren maßgeblich vom sozialen Umfeld beeinflusst

Jeder Mensch hat ein bestimmtes Bild von sich selbst - sein Selbstbild. Dieses umfasst objektive Merkmale ("Ich habe braune Augen", "meine Haare sind lang", "ich bin kleiner als die meisten anderen in meinem Alter") und subjektive Merkmale ("ich bin zu dick", "meine Ohren sind zu groß"). Das Selbstwertgefühl beschreibt, wie dieses Selbstbild wahrgenommen wird - also wie wir uns bei der Betrachtung unserer Eigenschaften fühlen. Hat man ein positives Selbstwertgefühl denkt man sich "Ach na ja - ein paar Pfund weniger wären schon schön - aber meine positive Ausstrahlung lässt die Leute sicher drüber hinweg sehen". Bei einem eher schlechten Selbstwertgefühl führen (vermeintlich) negative Eigenschaften dazu, dass man unzufrieden ist und mit sich hadert.


Ein gutes Selbstwertgefühl heißt also, sich selbst so anzunehmen, wie man ist. Was einen stört, wird geändert und sind Dinge nicht zu ändern, akzeptiert man. Der Glaube daran, dass man das schafft, wird als Selbstvertrauen bezeichnet. Der Ausdruck des Selbstwertgefühls gegenüber anderen wird von ihnen als Selbstbewusstsein wahrgenommen.


Zahlreiche Studien belegen, dass Menschen mit einem guten Selbstwertgefühl allgemein gesünder sind, seltener straffällig werden, seltener unter Depressionen leiden und im Leben insgesamt erfolgreicher, sind. Das Selbstwertgefühl wirkt sich auf die Hilfsbereitschaft, Kontaktfreudigkeit und natürlich die allgemeine Lebensfreude von Kindern aus.


Das Selbstwertgefühl ist nicht angeboren - es entwickelt sich ein Leben lang und wird maßgeblich vom sozialen Umfeld geprägt. Den wichtigsten Grundstein legen wir in den ersten Lebensjahren. Es sind dabei nicht die großen Dinge, die in unseren Kinder Vertrauen in sich und ihr Umfeld wachsen lassen, sondern die kleinen, alltäglichen Begebenheiten, die ihnen Mut, Sicherheit und Entschlossenheit verleihen. 


Babyalter

Babys begreifen schnell - obwohl sie noch nichts viel anderes können, als schlafen, trinken und schreien - dass sie trotzdem schon viel bewirken können. Wenn sie lachen, werden sie ebenfalls angelacht. Wenn sie weinen, dann kümmert man sich um sie. Strecken sie die Arme aus, werden sie hoch genommen, getragen, gestreichelt. Sie erleben, wie ihre Eltern alles versuchen, um ihr Unwohlseins zu beseitigen, indem sie es wiegen, trösten und füttern. Im ersten Lebensjahr entwickelt sich die nonverbale Kommunikation rasend schnell, die Eltern lernen, die verschiedensten Signale zu deuten und wissen bald recht genau, ob gerade Müdigkeit, Blähungen oder Hunger das Kind plagen. 


In dieser ersten Lebensphase prägen wir das Selbstgefühl unserer Kinder bereits nachhaltig. Wenn wir umgehend auf die Signale reagieren, fühlen sie, dass sie uneingeschränkt angenommen und ihre Bedürfnisse zuverlässig erfüllt werden. "Jemand ist da, jemand gibt auf mich acht - ich kann mich auf meine Eltern verlassen. Ich bin es offenbar wert, dass man sich jederzeit umgehend um mich kümmert". Wir werden es nicht schaffen, das Schreien komplett zu vermeiden, wichtig ist aber, das Baby nicht allein in seinem Kummer schreien zu lassen.


Leider ist unsere Gesellschaft noch immer geprägt von der Angst vor Tyrannen. Schon bei winzigen Babys wird vor dem Verwöhnen gewarnt - immer wieder hört man, dass Kinder einem schon bald auf der Nase herum tanzen, wenn man ständig beim ersten Pieps reagieren würde. Das Kind soll möglichst schnell lernen, alleine zu schlafen, alleine zu spielen und sich möglichst den Bedürfnissen der Eltern anpassen. 


Ich beobachte mittlerweile eine Tendenz bei der Erziehung in Richtung Attachment Parenting - immer mehr Eltern tragen ihre Kinder gern, lassen sie im Familienbett schlafen (wenn diese das wollen) und erfüllen die Bedürfnisse ihrer Babys sofort. Dennoch ist die Verwöhn-Angst noch weit verbreitet - immer und immer wieder lese ich, dass es gut wäre, Kinder möglichst schnell auszuquartieren, ihnen nachts nichts mehr zu trinken zu geben und sie auch mal quengeln zu lassen. Andernfalls - so die Warnung - würden sie nicht richtig selbständig werden und stattdessen lernen, dass man nur laut genug schreien müsste, um den eigenen Willen durchzusetzen. 


Das führt leider häufig zu Zweifeln, ob es wirklich richtig ist, ein Kind immer sofort hochzunehmen und zu trösten. Es ständig zu tragen oder es beim Einschlafen zu begleiten. Infolgedessen wird dann nach ein paar Wochen oder Monaten öfter mal kurz gewartet, wenn das Baby schreit, weil man sich denkt, dass es doch auch mal lernen muss zu warten. Das Baby ist davon vollkommen irritiert, weil es sich plötzlich im Stich gelassen fühlt und überhaupt nicht versteht, warum wir plötzlich zögern. 


Unsere kurze Verunsicherung, unser Zögern, unser Versuch, dem Kind etwas Geduld beizubringen, kann das Urvertrauen erschüttern. Natürlich nicht sofort und nachhaltig - aber wenn diese Situationen häufiger auftreten, dann bekommt das Kind Angst, weil auf seine Bedürfnisse nicht mehr verlässlich reagiert wird. Es braucht die Eltern aber dringend - sie sind überlebensnotwendig! Es muss daher das Band der Bindung enger knüpfen und mit allen Mitteln sicherstellen, wahrgenommen zu werden. Das führt dann dazu, dass es vermehrt schreit, wenn wir es warten lassen. In diesen Fällen neigen die meisten leider zu der irrigen Annahme, dass das Kind ganz offenbar schon gelernt habe, dass man nur laut und lang genug Schreien müsste, um den eigenen Willen durchzusetzen. Also wird der Versuch des Wartenlassens intensiviert - mit dem Ergebnis, dass das Kind meist noch mehr schreit und die Eltern immer entnervter werden.


Problematisch in solchen Situationen ist der Vertrauensverlust. Wir wissen, dass dem Kind keine Gefahr droht, unser Baby sieht das ganz anders. Es spürt, dass seine Eltern nicht zuverlässig reagieren und das wirkt sich nachhaltig auf sein Selbstwertgefühl aus. So, wie umgehendes Reagieren signalisiert: "Du bist mir wichtig!", wird gezieltes Schreien lassen vom Kind wahrgenommen als "Du bist (mir) nicht wichtig genug, also reagiere ich nicht verlässlich". 


Für ein solides Grundgerüst an Selbstwertgefühl ist ein promptes Reagieren auf die kindlichen Bedürfnisse mindestens im ersten Lebensjahr erforderlich! 


Kleinkindalter

Kaum hat unser Baby den ersten Geburtstag hinter sich gebracht, beginnt es bald, den eigenen Willen zu entdecken. Herzlich willkommen in der Autonomiephase! Da sich Kinder wegen eines Mangels an Einfühlungsvermögens grundsätzlich als Nabel der Welt betrachten, wird vor allem im zweiten Lebenshalbjahr gerne, laut und viel protestiert, wenn Wünsche nicht erfüllt werden.


Und nein - das ist keine Folge des prompten Reagierens im Babyalter! Jedes Kind hat diese Autonomiebestrebungen, das ist kein Ergebnis eines Erziehungsversagens oder ein Anzeichen dafür, dass das Kind zu sehr verwöhnt wurde. Ich habe hier in meinem Blog ausführlich darüber geschrieben, warum Kinder trotzen und wie man mit Wutanfällen umgehen kann. Daher möchte ich an dieser Stelle nur kurz aber eindringlich darauf hinweisen, dass es für das Selbstwertgefühl sehr wichtig ist, dass man Kinder mit ihrer Wut ernst nimmt!


Sie wollen uns nicht provozieren oder Grenzen testen - sie sind einfach nur unfähig, ihre Gefühle ausreichend zu regulieren. Daher sind weder Strenge noch Ignoranz angebracht. Unsere Kinder leiden und wenn wir das nicht ernst nehmen oder gar ignorieren, dann beeinflusst das ihre Selbstwahrnehmung. Vor allem Ignorieren kann sich in hohem Maß auf das Selbstwertgefühl auswirken, denn es signalisiert: "Ich nehme dich nicht wichtig, du bist es nicht wert, dass ich mich mit deinen Gefühlen auseinander setze".


Für das Selbstwertgefühl ist es sehr wichtig, dass wir in der Autonomiephase die Gefühle unserer Kinder ernst nehmen und einfühlsam reagieren! 


Wie kann man das Selbstwertgefühl, das Selbstvertrauen und das Selbstbewusstsein stärken? 


Lernen und Entwicklung

In den ersten Jahren sind Kinder unermüdlich damit beschäftigt, ihre Motorik zu perfektionieren. Dieses Bestreben ist naturgegeben und muss nicht gefördert werden. Ohne jeden äußeren Einfluss erwirbt jedes Kind die Fähigkeit, sich zu drehen, zu sprechen oder zu laufen. Kinder lernen dabei durch Wiederholung - sie üben und üben und lassen sich in der Regel durch Misserfolge nicht entmutigen. Erst wir Erwachsenen bringen ihnen bei, dass etwas "schade" oder "ärgerlich" ist.


Die meisten von uns haben das innere Bedürfnis, ständig das Verhalten unserer Kinder zu kommentieren und zu bewerten, ihnen den Weg zu zeigen und ihnen zu helfen. Vermutlich aus dem Wunsch heraus, ihnen den Weg zu zeigen und sie vor Gefahren zu bewahren. Das ist an einigen Stellen ja auch durchaus sinnvoll und notwendig ("Schau, da liegt eine Glasscherbe, gib acht!"), an anderen Stellen vollkommen überflüssig ("Bist du aber toll gerutscht!"). 


Trotz meines Wissens fällt es mir selbst dennoch auch immer wieder schwer, mich zurückzuhalten. Wenn mein anderthalbjähriger am Boden sitzt und puzzelt, will ich ihm immer und immer wieder helfen, auch wenn er das gar nicht einfordert. Mein grundlegendes Bedürfnis scheint zu sein, ihm Frustration ersparen zu wollen. Passt ein Puzzelteil partout nicht, versucht er es geduldig weiter - erstaunlich lange. Irgendwann verliert er die Geduld und ärgert sich. Mir fällt es sehr schwer, diesen Ärger auszuhalten, denn ich möchte mein Kind natürlich ungern frustriert sehen. Nur - wie soll er es lernen, mit Frustrationen umzugehen, wenn ich ihn ständig davor schütze?


Statt ihm zu helfen, tröste ich ihn mittlerweile lieber - und ermutige ihn. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass er es so lange probiert, bis er wirklich das Gefühl hat, nicht mehr weiter zu kommen (was übrigens meist sehr viel später ist, als ich das in der Situation angenommen habe) und dann aktiv einfordert, dass ich ihm helfe. Ich lege jedoch das Teil nicht an die richtige Stelle, weil das seine Frustration verstärken würde. Hat er doch ewig herumprobiert und das Problem letztendlich als unlösbar deklariert, würde es ihn entmutigen, wie vollkommen mühelos Papa das Teil innerhalb von Sekunden platziert. 


Daher gebe ich ihm lieber eine Hilfestellung, wie z. B. "Such doch mal den anderen Teil von Benjamins Hut" oder "Versuch erst mal ein anderes Teil!". Meist gelingt es ihm mit nur ganz kleiner Hilfestellung dann doch, das Puzzle fertig zu bringen und das macht ihn unglaublich stolz.

Es ist wirklich gut erkennbar, wie unterschiedlich er reagiert, je nachdem, wie viel Hilfe er in Anspruch genommen hat. Er würdigt seine Leistung umso höher, je weniger Unterstützung er bekommen hat - und das stärkt natürlich sein Selbstwertgefühl. Er hat etwas geschafft! Er hat sich bemüht, ist dran geblieben, hat nicht aufgegeben - das ist sein Werk! 


Ihn in dieser Situation zu loben würde sich übrigens eher negativ auf seine Motivation auswirken (mehr dazu weiter unten). Das wäre ungünstig, denn die Motivation ist der Antriebsmotor für das kindliche Lernen. Kinder sind von Natur aus motiviert, im Grunde muss man da als Eltern überhaupt nicht aktiv werden. Das Problem ist vielmehr, dass wir die Motivation unserer Kinder ungewollt negativ beeinflussen. Ihnen ungefragt zu helfen, suggeriert, dass wir ihnen nicht zutrauen, etwas selbst zu schaffen. So geben sie immer schneller auf und es kann dazu kommen, dass Kinder sich selbst kaum noch etwas zutrauen. "Nein, Mama, du machst das" ist ein relativ eindeutiges Signal dafür, dass zu vorschnelles Eingreifen zu einem Mangel an Selbstvertrauen geführt hat. Beobachtet mal Euren Alltag - wie oft tut ihr etwas, dass das Kind eigentlich allein machen könnte, nur damit es schneller geht?


Zwei Anmerkungen dazu noch:


1). Es geht nicht darum, das Kind jetzt künftig möglichst schnell alles selbst machen zu lassen! Das Selbständigwerden muss nicht forciert werden - jedes Kind hat da sein eigenes Tempo und fordert das auch so ein. Wenn man es denn lässt. Kinder, die kaum etwas selbst machen wollen, weil sie durch vorschnelles Eingreifen entmutigt sind, sollten künftig sanft ermutigt werden. Wenn sie dann nicht wollen, dann ist das auch in Ordnung. Es geht hauptsächlich darum, die Autonomiebestrebungen nicht durch Zeitmangel einzuschränken.


2). Manche Kinder decken ihren Aufmerksamkeitsbedarf hauptsächlich durch Unterstützung - das ist ihr "Aufmerksamkeits-Typ. Sie fühlen sich geliebt und angenommen, wenn man sie unterstützt - verwehrt man diese Unterstützung wirkt sich das eher negativ auf das Selbstwertgefühl aus. Daher sollte man ergründen, als welchem Grund das Kind etwas nicht tun möchte - mangelt es an Selbstvertrauen oder sucht es Aufmerksamkeit?


Nimm Dir Zeit, damit das Kind möglichst viel selber machen kann. Hilf Deinem Kind nur, wenn es um Hilfe bittet! Wenn es um Hilfe bittet, weil es zu wenig Selbstvertrauen hat, ermutige es! 


Ermutigen und Zutrauen

Das Selbstwertgefühl wird positiv durch das Erlernen neuer Fähigkeiten und Fertigkeiten beeinflusst. Kinder lernen dabei vorrangig durch immer neue Herausforderungen. Sie müssen immer wieder Probleme angehen und lösen oder andere bei der Problemlösung beobachten. 


Übertriebene Fürsorge schadet dabei, weil wir unseren Kindern damit die Möglichkeit der Selbstverwirklichung nehmen. Auch wenn wir sie unbedingt beschützen wollen - es ist viel wichtiger, dass sie sich immer und immer wieder ausprobieren und Problemen stellen, als dass sie keine körperlichen Blessuren davon tragen! Daher sollten wir ihnen regelmäßig die Möglichkeit geben, Dinge auszuprobieren. 


Weniger selbstbewusste Kinder haben häufig Furcht zu scheitern, weil sie das noch mehr verunsichern und entmutigen würde. Hier können wir sie als Eltern immer wieder ermutigen, sich neuen Herausforderungen zu stellen, idealerweise ohne das Kind zu überfordern. Man kann in der Regel recht gut einschätzen, wozu das Kind schon in der Lage ist. Jedes Ermutigen signalisiert: "Ich vertraue dir! Du schaffst das. Und wenn nicht, ist das auch nicht schlimm".


Kinder haben häufig Angst vor Fehlern. Vielleicht wurden sie irgendwann ausgelacht oder ausgeschimpft, als etwas schief lief und das hat sich tief eingegraben. Unsere Aufgabe ist es, ihnen beizubringen, dass Fehler vollkommen normal sind und dass sie jedem passieren. Sie sollten kein Grund sein, die Bemühungen aufzugeben und es besteht außerdem immer die Möglichkeit, sich Hilfe zu suchen. 


Erwachsene machen durch ihren Superheldenstatus in den Augen ihrer Kinder nicht so viele Fehler, so dass man den einen oder anderen durchaus mal bewusst ins Familienleben einstreuen kann. Bei der Beobachtung, wie wir dann mit dem Fehler umgehen, lernen Kinder nachhaltig. Ihnen sollte klar werden, dass jeder Mensch Stärken und Schwächen hat.


Hohes Maß an Selbstbestimmung! Nichts macht Kinder stolzer, als Dinge, die sie nicht können, endlich erstmalig zu schaffen. Kinder altersgerecht Entscheidungen treffen zu lassen, ist einer der wichtigsten Faktoren für ihr Selbstvertrauen. 


Alle Kinder streben nach einem hohem Maß an Autonomie, im Alltag wird jedoch immer und immer und immer wieder von ihnen verlangt, dass sie sich unserem Willen beugen. Das ist manchmal unbedingt notwendig, aber bei den allermeisten Themen kann und sollte man Kindern unbedingt ein Mitspracherecht einräumen. Denn Kinder lernen, Entscheidungen zu treffen nur, wenn sie Entscheidungen auch tatsächlich treffen, nicht indem sie verlässlich tun, was man ihnen sagt. Das bestätigen auch Studien - Kinder, die reichlich Gelegenheit haben, Entscheidungen zu treffen, sind aktiver, aufgeschlossener und spontaner.Jede Entscheidung, die Du Deinem Kind zubilligst, signalisiert: Ich vertraue dir, dass du das selbst entscheiden kannst. Ein hohes Maß an Autonomie steigert das Selbstwertgefühl! 


Mitgefühl zeigen

"Stell dich nicht so an!", "Ist doch nicht schlimm" und "Hat doch nicht weh getan" ist im allgemeinen Sprachgebrauch weit verbreitet. Den meisten ist nicht bewusst, wie verletzend das für ihr Kind sein kann. Wenn ein Kind sich weh tut oder traurig ist, dann wünscht es sich nur eins: Trost und Zuwendung. Wie weh es wirklich tut, kann schließlich niemand anderes beurteilen.


Aber selbst wenn gar nichts passiert ist, steht es mir trotzdem nicht zu, über das Ausmaß von Schmerzen oder Trauer zu urteilen. Auch hier beeinflusst uns oft die Angst davor, dass wir Kinder verweichlichen. 

Eltern wenden manchmal ein: "Aber mein Kind hat doch meistens wirklich nichts - es jammert nur, um Aufmerksamkeit zu erregen. Wenn ich darauf eingehe, dann wird es künftig immer jammern, wenn es Aufmerksamkeit will". Damit schreiben wir unseren Kindern zu unrecht schlechte Motive zu. Wenn ein Kind Aufmerksamkeit sucht und sie nicht bekommt, wird es immer irgendetwas tun, um sie doch zu erhalten, da dieses Bedürfnis essentiell ist. Das kann Jammern sein, das kann auch Schreien, Hauen, Treten, Beißen oder anderes schlechtes Benehmen sein! 


Unsere Aufgabe als Eltern ist es an dieser Stelle, das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit so gut es geht zu erfüllen und nicht das Äußern des Bedürfnisses durch Missachtung abzutrainieren. Der Aufmerksamkeitstank unserer Kinder ist kein Fass ohne Boden - sie werden nicht immer mehr und mehrverlangen, wenn sie viel davon bekommen - sie füllen ihren Speicher und zehren auf Durststrecken davon. Wenn sie zu wenig Aufmerksamkeit bekommen, dann werden sie jedoch ziemlich sicher vehement mehr einfordern.


Tröste Dein Kind, wenn es Trost verlangt - löse dich von der Angst, dass zu viel Aufmerksamkeit Kinder verzieht!


Zuwendung zeigen

In den meisten Familien wird bis zum Umfallen geknuddelt und den Kindern häufig gesagt, wie gern man sie hat. Manchen fällt das jedoch gar nicht so leicht. Vor allem, wenn man selbst eine eher lieblose und problembehaftete Kindheit hatte und selbst ein "Ich habe dich soo lieb" selten oder nie gehört hat. Einige Eltern sind es nicht gewohnt, offen über ihre Gefühle zu sprechen und sie gehen davon aus, dass das Kind schon weiß, dass es geliebt wird. Dabei ist Nähe und Zuwendung immer wieder spüren für das Selbstwertgefühl essentiell. Man sollte immer mal wieder bewusst ein Wort oder eine Geste der Zuneigung in den Tag einbauen.

Kinder haben auch ein großes Bedürfnis nach Aufmerksamkeit. Jedes Mal, wenn wir ihnen aufmerksam zuhören, ihnen ungeteilte Aufmerksamkeit schenken und Interesse daran zeigen, was sie uns sagen, kommt bei ihnen an: "Du bist mir wichtig, ich möchte wissen, wie es dir geht, ich mag es, mit Dir zu sprechen. Das ist für das Selbstwertgefühl natürlich großartig!"

Ebenso wichtig ist es, das Kind so anzunehmen, wie es ist - mit alle seinen Stärken und Schwächen. Bedingungslos geliebt zu werden, stärkt das Selbstwertgefühl enorm!


Zeig Deinem Kind mindestens einmal am Tag, dass Du es liebst oder dass Du Dich freust, dass es bei Euch ist! Widme ihm jeden Tag eine feste Zeitspanne an ungeteilter Aufmerksamkeit. 


Kritik äußern 

Es wird im Leben immer wieder Momente geben, in denen wir unseren Kindern sagen müssen, dass das, was sie tun, nicht in Ordnung ist. Es ist enorm wichtig, Kritik so zu äußern, dass diese sie nicht verletzt und herabwürdigt. Dazu eignet sich die gewaltfreie Kommunikation hervorragend. Sie ist ideal, um Konflikte ohne Verurteilung und Herabsetzung zu thematisieren.


Es ist sicher für jeden gut nachvollziehbar, dass ein genervtes "Oh man, du trödelst ja schon wieder rum! Nie kommen wir pünktlich - nun zieh dich doch endlich mal an!" das Selbstbewusstsein negativer beeinflusst als die freundliche Feststellung "Es ist 8 Uhr - ich befürchte, wir könnten zu spät kommen. Dabei wäre ich wirklich gerne pünktlich - wollen wir dich schnell gemeinsam anziehen?" Es erfordert etwas Übung, gewaltfrei zu kommunizieren, aber gerade in Hinblick auf die Entwicklung des Selbstbewusstseins unserer Kinder lohnt es sich, wenn wir uns damit näher befassen.


Leider ist unsere Kommunikation häufig nicht gewaltfrei - in Eltern-Kind-Dialogen haben sich Phrasen manifestiert, die nahezu jeder immer wieder nutzt, ohne groß darüber nachzudenken. "Wie oft muss ich das denn noch sagen?", "Du bist unmöglich!", "Man, kannst du nicht aufpassen?", "Es nervt so, dass du immer trödelst!" - das sind Pauschalkritiken die sich nachhaltig auf das Selbstwertgefühl auswirken. Kritik sollte immer am Verhalten geübt werden - nicht an der Person. Das signalisiert: "Ich habe dich wirklich lieb, aber ich bin nicht damit einverstanden, dass du.... "


Neben der Art, wie man Kritik äußert, ist auch der Umfang entscheidend. Kennt ihr auch solche Eltern, die den ganzen Tag nur rumnörgeln? Meistens merken sie es gar nicht mehr. In der Umgebung meines Sohnes gibt es sogar mehrere und sie machen mich ehrlich gesagt wirklich wahnsinnig! "Lea, komm endlich! Man, wie siehst du denn nur wieder aus? Hast du nicht ordentlich gegessen? Es ist ja alles vollgekleckert. Die schönen Sachen. Ich kauf dir bald nichts mehr, wenn du nie aufpasst. Das kostet alles Geld! Und wo ist dein Rucksack? Warum hängt der nicht am Haken? Man, ich habe dir schon hundert mal gesagt, du sollst auf deine Sachen besser aufpassen. Nun zieh dich doch mal endlich an, immer dieses Getrödel! Nun mach schon. Wo sind deine Handschuhe? Mensch, der gehört an die linke Hand - nun merk dir das doch mal! Es ist furchtbar mit dir...." 


So geht das ewig weiter und ich möchte manchmal wirklich schreien!! Die armen Kinder - man muss sich doch wirklich nicht wundern, wenn die entweder total verängstigt sind und keinen Mucks mehr sagen oder - was deutlich häufiger der Fall ist - dann erst recht frech und pampig werden und sich irgendwann gar nichts mehr sagen lassen. Sie haben dann zwar ein vermeintlich starkes Selbstbewusstsein, weil sie ja machen, was sie wollen, ohne sich um andere zu kümmern, aber ihr Selbstwertgefühl ist ganz sicher nicht gut entwickelt. In Bezug auf das Selbstbewusstsein ist es nicht entscheidend, dass es hoch ist - es muss gesund sein.


Kritisiere Dein Kind nur, wenn es unbedingt erforderlich ist - und dann möglichst gewaltfrei! 


Respektieren der körperlichen Grenzen 

"Komm, gib der Oma mal ein Küsschen!" - es ist Graus für viele Kinder. Nicht, weil sie die Oma nicht mögen würden, sondern weil sie gerne autonom über ihren Körper entscheiden wollen. Während es für die meisten Eltern mittlerweile völlig in Ordnung ist, dem Kind zuzugestehen, dass es "Nein!" zur Oma sagen darf, wird schnell vergessen, dass auch das Windeln und Kleidung anziehen, Wegtragen aus Trotzanfällen, Zähne bei Verweigerung putzen und Medikamentengaben ungewollte Eingriffe in die körperliche Intimsphäre sind.


Man kann recht ausschweifend darüber diskutieren, welche Maßnahmen den Einsatz der elterlichen Überlegenheit rechtfertigen. Ich will das an dieser Stelle nicht tun und nur bewusst machen: Das Selbstbewusstsein korreliert auch mit dem Maß an Bestimmung über den eigenen Körper, weswegen man sich in Konfliktsituationen immer wieder fragen sollte, ob es wirklich wichtig ist, sich jetzt körperlich durchzusetzen oder ob man ggf. mit etwas mehr Zeit, Geduld und gewaltfreier Kommunikation einen Kompromiss erzielen kann. 


Die Bestimmung über den eigenen Körper ist eines der wichtigsten Rechte unserer Kinder. Sie sollten damit aufwachsen, jederzeit "Nein!" sagen zu dürfen - auch zu uns. Respektieren wir ihre Grenzen; steigert das die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Kinder auch die Grenzen anderer wahren. Und das hat auch mittelbar Einfluss auf das Selbstbewusstsein - ständig beißende, schubsende, tretende Kinder geraten in Kindergruppen schnell ins Abseits.


Für ein gesundes Selbstwertgefühl und ist es erforderlich, dass Kinder in einem hohem Maß allein über ihren Körper entscheiden dürfen. 


Keine Vergleiche anstellen 

Eins der schlimmsten Dinge für Kinder ist es, das Gefühl zu haben, nicht "gut genug" zu sein. Die Auffassung, was genau gut genug ist und was nicht, unterscheidet sich bei Eltern und Kindern oft stark. Jedes mal wenn wir sagen "Dein Bruder hat aber...." oder "Deine Schwester kann besser ..." ist das für Kinder ein Tiefschlag. Zum Glück machen wir das schon instinktiv zum Glück eher selten. Was ich aber immer wieder beobachte ist, dass sich Erwachsene unterhalten und dann Vergleiche anstellen. "Er hat viel später angefangen zu laufen, als sein Bruder" ist für die Oma eine interessante Information - für das Kind, das das nebenbei hört, ist das eine Herabwürdigung. 


Keine Strafen und Liebensentzug

Leider sind in unserer Gesellschaft Strafen und Liebesentzug weit verbreitet. Die wenigsten Eltern strafen aus Überzeugung - vielmehr treibt sie dabei Hilf- und Alternativlosigkeit an. Strafen funktionieren nicht - sie wirken sich aber auf das Selbstwertgefühl aus. Denn eine Strafe bedingt, dass ich meine elterliche Überlegenheit nutze, um meinem Kind vorsätzlich Schaden zuzufügen.


Kinder sind lange nicht in der Lage zu verstehen, dass eine Strafe berechtigt ist oder es sie gar verdient habe. Wenn wir eine Strafe androhen oder verhängen, fühlt sich ein Kind immer hilf- und machtlos, wütend und traurig. Es erlebt: egal, was ich sage oder tue, ich bin einer vollkommenen Willkür ausgesetzt. Wir sollten uns bewusst machen: Strafen empfindet ein Kind so gut wie immer als ungerecht - ganz unabhängig davon, ob sie es tatsächlich sind. Und jede Strafe signalisiert: "Es ist mir egal, was du sagst oder denkst - ich setze mich jetzt durch". Über dieses Thema haben wir ebenfalls einen sehr ausführlichen Artikelgeschrieben, der Unterstützung bei der Findung von Alternativen bietet. 


Ein Wort zum Lob

Im Zusammenhang mit dem Selbstwertgefühl ist immer wieder zu lesen, dass Kinder verstärkt gelobt werden sollen, um ihr Selbstbewusstsein zu steigern. Das klingt zunächst recht einleuchtend - wenn ich meinem Kind gesagt habe: "Das hast du toll gemacht!" dann freut es sich, es weiß, dass es etwas Tolles geleistet hat und das wirkt sich positiv auf sein Selbstwertgefühl aus.


Dabei wird jedoch vollkommen außer Acht gelassen, dass mein Lob das Kind überhaupt nicht dahingehend beeinflussen kann, wie wertvoll es sich selbst findet, denn es sagt ja lediglich aus, wie wertvoll ich seine Leistung finde. Um ein Gefühl für sich selbst zu entwickeln, muss das Kind seine Leistung selbst wertschätzen. Und das wird umso schwieriger, je häufiger ich die Leistung bewerte.


Und was passiert, wenn ein Kind ein (gut gemeintes) "Toll gemacht!" hört, obwohl es das, was es gerade getan hat, selbst überhaupt nicht toll fand? Dann ist es verwirrt und zweifelt an seiner Urteilsfähigkeit und der Fähigkeit, sich selbst zu vertrauen. Außerdem ist Lob eine Form der Anerkennung, die bei Kindern das Gefühl auslösen kann, dass sie sich diese quasi verdienen müssen. Bleibt es an einer Stelle aus, wo das Kind eins erwartet, ist es verunsichert.


Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch zu wissen ist, dass Studien ergaben, dass sich Lob auch negativ auf die Motivation auswirkt. 


Für das Selbstwertgefühl ist es enorm wichtig, dass sich das Kind bedingungslos geliebt und angenommen fühlt - Lobe schränken die Bedingungslosigkeit unserer Zuneigung ein. 


Fazit:

Bleibt Zuletzt - der Blick auf das eigene Selbstbewusstsein

Kinder lernen hauptsächlich durch Nachahmung - wenn ich selbst eher zurückhaltend und still bin, dann wirkt sich das natürlich auch auf mein Kind aus. Hat man also das Gefühl, dass dem Kind eine Portion Selbstbewusstsein gut täte, dann lohnt sich die Frage, ob man bei sich selbst noch etwas verbessern kann. Dafür gibt es wirklich gute Bücher, wie Leben kann auch einfach seinSo stärken Sie Ihr Selbstwertgefühl oder Selbstbewusstsein trainieren für Dummies. Auch im Internet gibt es Angebote mit Tipps und Übungen, mit denen man das eigene Selbstbewusstsein stärken kann.



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Beste Grüße

Uwe Trevisan